Wo der Bach zum Jordan wird: Region feiert Tauffest in Geseke

„Wie gut, dass der Bach noch da ist!“ schrieb Pfarrerin Kristina Ziemssen am Pfingstmontag bereits um 6 Uhr früh in die WhatsApp-Gruppe, nachdem Presbyterin Stefanie Lappe bei einer Ortsbegehung vom Geseker Gymnasium Antonianum aus Fotos von schnatternden Enten gesendet hatte. Die waren so frühen Besuch zwar nicht gewohnt, aber für die bevorstehende Veranstaltung sollte nichts dem Zufall überlassen werden: 18 Menschen empfingen an diesem Tag das Sakrament der Taufe. Unter freiem Himmel und im Herzen der Hellwegstadt Geseke schlossen die Täuflinge im Alter zwischen sechs Monaten und 50 Jahren feierlich den Bund mit Gott und wurden damit zugleich in die Kirchengemeinde und die Gemeinschaft der Glaubenden aufgenommen.

Und so staunten die Enten nicht schlecht, als viele helfende Hände damit begannen, die Bestuhlung für mehr als 300 erwartete Gäste auf den Schulhof zu stellen und davor einen Altar aufzubauen, hinter dem nur wenige, breite Stufen zum frischen Wasser der Geseker Bache hinunterführen. Das Tauf- und Tauferinnerungsfest, das von einem engagierten Team der Kirchengemeinden Erwitte-Anröchte und Geseke gemeinsam vorbereitet wurde, begann um 14 Uhr bei strahlendem Sonnenschein mit dem Familiengottesdienst. Der Geseker Posaunenchor unter der Leitung von Werner Naundorf gestaltete und begleitete dieses mit Spannung und Vorfreude erwartete Ereignis musikalisch. Das moderne Anspiel des Erwitter Teams um Pfarrer Wolfgang Jäger prägte mit der Geschichte vom Propheten Philippus indes ein Motto, welches Pfarrer Sven Fröhlich dann auch in seiner Predigt aufgriff: „Siehe, da ist Wasser; was hindert's, dass ich mich taufen lasse?“ (Apostelgeschichte 8, 37) Der Schatzmeister Äthiopiens hatte sich nach der Predigt des Evangeliums Jesu durch Philippus zur spontanen Taufe an einem Gewässer entschieden. Auf konkrete Nachfrage zu den Beweggründen für die eigene Taufe in eben diesem Rahmen antworten viele mit der Besonderheit des Zeitpunkts und eben des Ortes.

Vier Kinder, die in den vergangenen drei Jahren getauft wurden, erinnerten sich ihres Bundes mit Gott, indem ihre Taufkerzen gemeinsam mit denen der Täuflinge erneut entzündet und anschließend in bereitgestellten Glaszylindern beidseits der Treppenstufen aufgestellt wurden. Dann bat Pfarrer Dietmar Gröning-Niehaus seine Amtskolleginnen Pfarrerin Kristina Ziemssen aus Geseke und Diakonin Petra Haselhorst aus Lippstadt sowie seine Amtskollegen Pfarrer Wolfgang Jäger aus Erwitte und Pfarrer Sven Fröhlich aus Anröchte in das kühle Nass der Geseker Bache. In der Tradition von Johannes dem Täufer, der als Vorgänger Jesu viele Menschen und schließlich Jesus selbst im Jordan taufte, empfingen die Täuflinge nun nacheinander im Beisein von Familie und Freunden die Heilige Taufe. Anders als zur damaligen Zeit wurde aber niemand untergetaucht, sondern das Wasser auf die Stirn geschöpft.

Unter freiem Himmel, ohne den schützenden Raum einer Kirche und am unteren Ende der Treppe im Wasser stehend ein wenig den Blicken der übrigen Gemeinde entzogen, schien der Zuspruch von Gottes Liebe und Gnade noch spürbarer. Der Austausch sehr persönlicher Worte oder auch spontaner Umarmungen zwischen Täufer und Getauften machten die Emotionen des Augenblicks greifbar. Es gab Momente des Innehaltens, in denen man vom Zuschauer zum Zeugen wird und beschließt, das Geschehen lieber mit dem Herzen als mit der Kamera einzufangen – weil ein Zeugnis des Herzens mehr sagt als tausend Bilder. Es gab Momente, in denen Worte und Gesten im Einklang standen mit Gottes Willen und in denen der Begriff „Taufbefehl“ seinen Zwang und seine Schärfe verlieren, weil sich im Handeln das Notwendige und Sinnstiftende selbst offenbart.

Nach Abschluss des Gottesdienstes mit Fürbitte und Segen wurde bei einem ausgiebigen Kaffeetrinken mit Kuchenbuffet der Gedanke der in der Taufe begründeten Gemeinschaft fortgeführt. Von der Möglichkeit, zu feiern und sich auszutauschen, wurde rege Gebrauch gemacht – bevor am Abend auch die Enten ihr Revier zurückerobern und ihre Bahnen ziehen konnten.

„Er zog aber seine Straße fröhlich.“ Mit diesen Worten endet nicht nur die Geschichte zwischen Philippus und dem Kämmerer nach dessen Taufe. Auch unsere Gäste konnten am späten Nachmittag mit dem Gefühl nach Hause gehen, Teil von etwas Besonderem zu sein. Die Taufe gilt ein Leben lang; sie ist nicht nur einmalig sondern einzigartig. So ein schönes Tauffest in der Region hingegen verlangt nach einer Wiederholung, denn – und da waren sich auch die Organisatoren aus den Kirchengemeinden Erwitte-Anröchte und Geseke einig – das war „eine tolle Sache an der Bache!“.

Sven Leutnant